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21.08.2014: Wiederansiedlung der Gelbbauchunke in NRW

Wiederansiedlung der Gelbbauchunke im Kreis Minden-Lübbecke in Nordrhein-Westfalen

 

NABU-Projekt etabliert neue Population im ursprünglichen Verbreitungsgebiet des seltenen Froschlurchs

 

Kleinenbremen, Hannover, 21. August 2014 - Im Rahmen des Projektes „Stärkung und Vernetzung von Gelbbauchunken-Vorkommen in Deutschland“ konnte der NABU Niedersachsen in Kooperation mit der Barbara Erzbergbau GmbH, der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Minden-Lübbecke, dem NABU Minden-Lübbecke und dem NABU Nordrhein-Westfalen die Gelbbauchunke, den „Lurch des Jahres 2014“, in Minden-Lübbecke wiederansiedeln. Das Projekt wird vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Umweltministeriums im Bundesprogramm Biologische Vielfalt gefördert.

 

Auch das Wetter war dem Pressetermin zugetan. So löste strahlender Sonnenschein das zuletzt sehr wechselhafte Wetter ab, sodass Dr. Mirjam Nadjafzadeh (Projektleiterin, vorne rechts) & Co. die Kaulquappen "trockenen Fußes" in geeignete Tümpel ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets freilassen konnten.

 

Bei der Wiederansiedlung wurden rund 1.000 Kaulquappen in geeignete Gewässer im ursprünglichen Verbreitungsgebiet der Gelbbauchunke ausgebracht. Der NABU bedankte sich bei seinen Kooperationspartnern und Unterstützern.

 

„Die Herstellung dynamischer Lebensräume und die Wiederansiedlung der Gelbbauchunke hier im Kreis Minden-Lübbecke sind nicht nur bedeutende Schritte für die Stärkung und Vernetzung dieser vom Aussterben bedrohten Art, sondern auch für den Erhalt der Biologischen Vielfalt“, erklärt Dr. Mirjam Nadjafzadeh, Projektleiterin vom NABU Niedersachsen. „Durch die Wiederbelebung eines in den 1960er Jahren ausgestorbenen Gelbbauchunken-Vorkommens wird der Grundstein für eine Verbindung zwischen den letzten verbliebenen Vorkommen im Kreis Minden-Lübbecke und den westlichen Vorkommen im Landkreis Schaumburg gelegt. Wir danken unseren Kooperationspartnern der Barbara Erzbergbau GmbH, der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises und dem NABU Minden-Lübbecke herzlich dafür, dass sie diese Wiederansiedlung ermöglicht haben.“

 

„Der Naturschutz ist beim Kreis Minden-Lübbecke ein wichtiges Thema! Wir sind uns der Herausforderung bewusst, die Lebensräume der Gelbbauchunke zu erhalten und zu optimieren. Daher freuen wir uns ganz besonders über die Projektarbeit, die die Zusammenarbeit verschiedenster Akteure innerhalb des NABU sowie zu Flächeneigentümern, Abbauunternehmen und nicht zuletzt unserer Unteren Landschaftsbehörde im Sinne der Gelbbauchunke fördert“, sagt Dr. Beatrix Wallberg, Leiterin des Umweltamts des Kreises Minden-Lübbecke. „Die seltene Gelbbauchunke lebt bei uns im Kreis an ihrem Existenzminimum. Abbaustätten sind dabei als Lebensräume prädestiniert. Durch die Wiederansiedlung in einer Solchen erhoffen wir, dass unsere letzten Refugien der Gelbauchunke demnächst Bestandteile eines Netzes von geeigneten Lebensräumen im nördlichen Weserbergland sein werden.“

 

„Die praktische Arbeit liegt in unserem Interesse, sodass wir bereits im letzten Winter bei der Vorbereitung der Flächen für die Gelbbauchunke die Kooperation mit dem NABU festigen konnten. Nun die Gelbbauchunke wiederanzusiedeln trägt dazu bei, in Zukunft einer weiteren besonders schützenswerten Art Lebensraum zu bieten“, sagt Florian Garbe, Betriebsleiter und Prokurist der Barbara Erzbergbau GmbH. „Dies ist ein positives Praxisbeispiel, dass sich Rohstoffgewinnung und Naturschutz nicht gegenseitig ausschließen. Die stetige Dynamik durch Maschinen und die dadurch entstehenden Kleingewässer zeigen, wie hier eine Win-win-Situation mit dem Artenschutz entstehen kann.“

 

„Als ‚Lurch des Jahres 2014‘ steht die vom Aussterben bedrohte Gelbbauchunke dieses Jahr zu Recht im Fokus der Öffentlichkeit. Ich freue mich, dass wir passend zu diesem Anlass die Wiederansiedlung der Gelbbauchunke im Kreis Minden-Lübbecke vornehmen können und damit dazu beitragen, ein Netz von geeigneten Lebensräumen für die Gelbbauchunke zu schaffen und für die Gelbbauchunke zu erschließen“, führt Wolfgang Sack vom NABU Minden-Lübbecke an.

 

„Welchen Nutzen hat die Gelbbauchunke?“, fragt Christian Höppner, Projektmitarbeiter vom NABU Niedersachsen. „Als Leit- und Zielart des Naturschutzes kommt die Gelbbauchunke in dynamischen Lebensräumen vor, die wie hier vor Ort auch Lebensraum für Kreuzkröte, Kammmolch und Zauneidechse sein können. Die Gelbbauchunke ist demnach eine Indikatorart, ihre Anwesenheit zeigt die Güte von Lebensräumen an und weist einen besonderen Schutzwert für die Biodiversität aus“, erläutert Christian Höppner. „Artenreiche Ökosysteme sind funktionstüchtiger als Artenarme. Doch Artenvielfalt kann man nicht kaufen, wenn sich die Möglichkeit – wie hier – bietet, allerdings entwickeln!“, appelliert Christian Höppner für die Unterstützung weiterer Naturschutzarbeit.

 

Nach den Grußwörtern konnten die Vortragenden zur Tat schreiten und siedelten Gelbbauchunken-Kaulquappen in geeigneten Tümpeln an. Die Tiere mit genetischem Ursprung im Nördlichen Weserbergland wurden vorher in Terrarien vermehrt und herangezogen. Durch die Wiederansiedlung von Kaulquappen werden diese noch im Larvenstadium auf ihren neuen Lebensraum geprägt. „Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle Dieter Marten, der sich seit den 80-er Jahren für den Schutz und die Erhaltung der letzten zwei verbliebenen Gelbbauchunken-Populationen im Kreis einsetzt. Ohne seine Initiative und die Unterstützung des Kreises wäre die Gelbbauchunke hier schon ausgestorben!“, betont Christian Höppner.

 

Vorne: Florian Garbe, Olaf Lüppes (beide Barbara Erzbergbau GmbH), Dr. Mirjam Nadjafzadeh (Projektleiterin), Dr. Beatrix Wallberg, Stefanie Tilg (beide Umweltamt, Kreis Minden-Lübbecke) und Wolfgang Sack (NABU Minden-Lübbecke) bei der Wiederansiedlung.

Hinten: Frau Sack, Rainer Derlin (beide NABU Minden-Lübbecke), Christian Höppner (Projektmitarbeiter) und Michael Kroninger (ehrenamtlicher Amphibienschutz - DGHT) bei der Begutachtung der Wiederansiedlung.

 

Hintergrund

Die Gelbbauchunke ist eine Art, für die Deutschland eine besondere Verantwortung trägt und die sich in einem schlechten Erhaltungszustand befindet. Der NABU hat sich als Naturschutzverband der bundesweiten Stärkung und Vernetzung der letzten verbliebenen Gelbbauchunken-Vorkommen angenommen. Zusammen mit vielen Projekt- und Kooperationspartnern werden bestehende Populationen der Gelbbauchunke gestärkt und Trittsteinbiotope zwischen Lebensräumen angelegt. Darüber hinaus wird diese stark gefährdete Art in ihrem ehemaligen Verbreitungsgebiet in geeigneten Lebensräumen wiederangesiedelt, um stark isolierte Populationen zu vernetzen und den genetischen Austausch wieder zu ermöglichen. Die Maßnahmen werden länderübergreifend in acht Projektregionen verteilt über die Länder Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg vorgenommen.

 

Offene, besonnte Lebensräume mit kleinen Tümpeln und Radspuren stellen einen geeigneten Lebensraum für den in Nordrhein-Westfalen vom Aussterben bedrohten Froschlurch dar. Aktive, brach liegende und alte Steinbrüche sind Landschaftselemente, die durch die Anlage von Kleingewässern zu einem solchen Lebensraum entwickelt werden können. Denn geeignete Landlebensräume für die Gelbbauchunke sind in Steinbrüchen in Form von Steilwänden und angrenzenden Waldbereichen schon vorhanden, während Kleingewässer Nahrung und Reproduktionsmöglichkeiten bieten.

 

Das Gelbbauchunken-Projekt ist eng an die Praxis geknüpft. So wird ein bedeutender Anteil der Gelder für praktische Maßnahmen zur Renaturierung und zur Schaffung von geeigneten Bedingungen in Lebensräumen verwendet – ein wichtiger Beitrag zum Biotopverbund.

 

Das Projekt „Stärkung und Vernetzung von Gelbbauchunken-Vorkommen in Deutschland“ ist ein Förderprojekt des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) welches im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt (BPBV) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit (BMUB) gefördert wird. Ferner unterstützen finanziell das Land Nordrhein-Westfalen mit Mitteln des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (MKULNV), der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) mit Mitteln des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz (MU) und die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) mit Mitteln des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) dieses Projekt. Projektträger ist der NABU Niedersachsen und Projektpartner sind die NABU Landesverbände Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, die NABU Naturschutzstation Aachen, die Biologischen Stationen Bonn/ Rhein-Erft und Oberberg, das Institut für Zoologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover sowie das Institut für Umweltplanung der Leibniz Universität Hannover.

 


 

Das Projekt 'Stärkung und Vernetzung von Gelbbauchunken-Vorkommen in Deutschland' wird im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gefördert.

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